Die Berufung und die monastische Ausbildung
Der Ruf Gottes ist für gewöhnlich diskret und unaufdringlich und lässt jedem die Freiheit, ihm zu folgen. Die Berufung derjenigen zu erkennen und zu bestärken, die sich bei ihrem Verweilen im Kloster diese Frage stellen, ist keine leichte Aufgabe. Sie erfordert von uns Fingerspitzengefühl, Zurückhaltung und Scharfsinn. Denn einer Berufung zu folgen, ist stets eine Herausforderung. Aber Gott verheißt jenen, die er ruft, sie zu unterstützen, sie zu begleiten und dank ihrer Treue „alle Geschlechter der Erde“ zu segnen.
„Der Herr sprach zu Abram: Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein. Ich will segnen, die dich segnen. […] Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen.“
(Das Buch Genesis, 12,1-3)
Seine Berufung zu erkennen, ist eines der Ziele der Ausbildung. Die ersten Jahre des Klosterlebens bestehen darin, auf den Fels zu bauen. Die Mönche müssen lernen, im Einklang mit Gott zu gehen, in dem immer stärker werdenden Bewusstsein, dass ihr Dienst nicht vollkommen ist. Sie entdecken in sich ungeahnte Schätze und machen die Erfahrung, dass die Machtlosigkeit und die Schwächen, die Gott ihnen lässt, kein Hindernis auf dem Weg sind, den unser Herr Jesus in ihr Herz zeichnet.
„Wer diese meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute. Als nun ein Wolkenbruch kam und die Wassermassen heranfluteten, als die Stürme tobten und an dem Haus rüttelten, da stürzte es nicht ein; denn es war auf Fels gebaut.“
(Evangelium nach Matthäus, 7,24-25)
Ein (junger) Mann erscheint an der Klosterpforte und äußert den Wunsch, Mönch zu werden. Er nimmt am Leben der Gemeinschaft teil und nach einigen Aufenthalten in der Gemeinschaft kann er darum bitten, „Anwärter“ zu werden. Nachdem er dann mehrere Monate in der Gemeinschaft zugebracht hat, kann er für ein Jahr oder manchmal noch länger „Postulant“ werden. Nach dem Postulat erhält er, sofern er dies wünscht und seine Berufung echt erscheint, das Novizengewand. Zwei Jahre lang wird der Novize in die Praxis des Klosterlebens in seinen menschlichen und geistlichen Aspekten eingeführt. Danach kann er, für die Dauer von drei Jahren, seine ersten Gelübde der Beständigkeit, des klösterlichen Lebenswandels und des Gehorsams ablegen. In den Ausdruck „klösterlicher Lebenswandel“ schließt der heilige Benedikt das Gelübde der Armut und der Keuschheit mit ein. Dies lässt sich auch folgendermaßen formulieren: Der Mönch legt das Gelübde ab, nach der Lebensweise der Zisterzienser im Kloster zu leben, mit dem Bestreben, sich ständig zu wandeln, sich nicht häuslich einzurichten und achtsam zu bleiben, jedoch auf ruhige Art, im Dienste des Herrn. Nach Ablauf dieser drei Jahre kann der junge Profess seine endgültigen Ordensgelübde ablegen.
Die monastische Ausbildung wird langfristig erworben, indem man im Kloster lebt und die Unterweisungen des Abtes hört, dank eines häufigen Austauschs mit dem Novizenmeister oder anderen erfahrenen Mönchen. Sie gründet auf einer täglichen Praxis der Mönchsregel und der klösterlichen Tradition, die an die heutigen Bedürfnisse angepasst werden.
„Höre, mein Sohn, auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens, nimm den Zuspruch des gütigen Vaters willig an und erfülle ihn durch die Tat! So kehrst du durch die Mühe des Gehorsams zu dem zurück, den du durch die Trägheit des Ungehorsams verlassen hast. An dich also richte ich jetzt mein Wort, wer immer du bist, wenn du nur dem Eigenwillen widersagst, für Christus, den Herrn und wahren König, kämpfen willst und den starken und glänzenden Schild des Gehorsams ergreifst.“
(Heiliger Benedikt, Mönchsregel, Prolog)
„Eines Tages fragte jemand den Abt Paesios: ‘Was werde ich meiner Seele antun, denn sie ist gefühllos und fürchtet Gott nicht?’ Und er antwortete: Gehe hin und binde dich an einen Menschen, der Gott fürchtet, und im Umgang mit ihm wird er auch dich Gottesfurcht lehren.“
(Sprüche der Wüstenväter, Abt Poemen)
Das zisterziensische Leben im Geist der Gründer des Neuen Klosters in Cîteaux im Jahr 1098 wird geprägt von Einfachheit, innerer Sammlung, Leben im Gebet, Schweigsamkeit und brüderlichem Leben, damit jeder mit der Unterstützung der anderen seiner Berufung entsprechen kann.
„Durch die treue Praxis ihres Klosterlebens, sowie durch die geheime apostolische Fruchtbarkeit, die ihnen eigen ist, dienen die Mönche dem Volke Gottes und der gesamten Menschheit.“
(Konstitutionen des Zisterzienserordens der Strengeren Observanz)
Die in Ausbildung befindlichen Brüder durchlaufen eine im Kloster erfolgende Unterweisung, insbesondere in der Heiligen Schrift, in Philosophie sowie in dogmatischer und geistlicher Theologie. Zuständig hierfür sind tschechische, slowakische, polnische oder französische Lehrer, die von außerhalb kommen. Seit der Gründung beteiligen sich die Dominikaner der Provinz Böhmen an dieser Ausbildung. Diese intellektuelle Ausbildung kann zum Erwerb des Baccalaureat in Theologie führen. Einige Brüder erlangen auch eine Licence in Theologie oder Philosophie.
In der klösterlichen Berufung erfüllt der Mönch in einer ihm eigenen Weise die Gaben seiner Taufe. Durch sein verborgenes Leben übt er sein Taufpriestertum ohne direktes Apostolat aus, in enger Verbundenheit mit Christus. Jene, die zum Weihepriestertum berufen werden, werden einige Jahre nach ihrem feierlichen Ordensgelübde geweiht. Diese zweite Berufung fügt sich harmonisch in die Praxis des Klosterlebens ein, durch das alle danach streben, ihren Platz in der Kirche einzunehmen, indem sie vereint mit Christus leben.